Kommt ein S-Pedelec zum TÜV…

Vor ein paar Tagen geisterte ein Bericht durch die SPed-Community, nachdem die EU auch für Zweirad-Kfz unter 50ccm eine regelmäßige HU in Erwägung zieht.

Bisher konnte ich hierzu weder eine weitere Quelle finden, noch möchte ich mich an Spekulationen über irgendwelche Motive beteiligen. Wichtig ist: Eine vorgeschriebene, zweijährige HU aller zulassungspflichtigen Zweiräder würde natürlich auch S-Pedelecs betreffen. Begeben wir uns also auf ein Gedankenspielchen:

Was würde eine HU-Pflicht für S-Pedelecs in der Praxis bedeuten?

Klar – unmittelbar natürlich den terminlichen Aufwand und sicher auch einen Batzen Geld für die Untersuchung.

Aber wie wird das dann ablaufen. Nun, zunächst wird man bei der gewählten Prüfstelle auf den Hof rollen und dort erst einmal wahrscheinlich ratlose Blicke ernten: Wer sich der Illusion hingibt, mit der HU-Pflicht würden automatisch standardisierte Prüfbögen für S-Pedelecs in die Schubladen der Prüfstellen wandern, überschätzt vermutlich den Stellenwert dieses Verkehrsmittels massiv.

„Mein Name ist Lohse und ich kaufe hier ein.“

Also wird man auf Gedeih und Verderb der tagesformabhängigen Laune und dem Wohlwollen des Prüfingenieurs ausgesetzt sein. Versteht mich nicht falsch: Sicher gibt es hier nicht wenige, die in der Überprüfung eines S-Pedelecs mal ne gelungene Abwechslung zum alltäglichen PKW-Einheitsbrei sehen, und bestimmt entsteht auch das ein- oder andere interessante Gespräch auf diese Weise. Da werden die wichtigen Funktionen überprüft, auf fahrlässige Basteleien kontrolliert und dann geht’s wieder nach Hause.

Aber bestimmt gibt es auch die Kandidaten, die erst einmal das CoC in aller Seelenruhe zerpflücken, das SPed auf die zweite Stelle hinterm Komma auf Konformität überprüfen und sich vermutlich daran aufhängen, dass man sich erdreistet hat, andere Pedale zu montieren.

„ist das etwa eine KUHGLOCKE an ihrem Lenker? Ich kann die gar nicht in den Papieren finden!“

Man braucht sich nichts vormachen – über kurz oder lang würde das ähnlich praktiziert werden wie in anderen Szenen: Vor der HU wird sicherheitshalber auf „Originalzustand“ zurück gebaut, dann geprüft und anschließend wieder individualisiert.

Lästig und zeitaufwändig? Definitiv.

Eine weitere Schikanierung einer sowieso schon künstlich klein gehaltenen Fahrzeugklasse? Auf jeden Fall.

Aber wäre eine regelmäßige Kontrolle nicht ein Gewinn für die Sicherheit? Nicht zwingend. Denn auch, wenn die Prüfingenieure bei GTÜ, TÜV etc bestimmt sehr versiert in ihrem Bereich der Fahrzeugtechnik sind, bin ich mir sicher, dass ein guter Fahrradmechaniker hier besser über kritische Stellen und Sicherheitsrisiken bescheid weiß. Und den sollte ein S-Pedelec auf jeden Fall mehr als einmal alle zwei Jahre sehen. (Ja, auch bei der „ich-mach-alles-selber“-Fraktion schadet das nicht.)

Vielleicht ist hier ja demnächst auch eine andere Sparte zuständig. Einen Versuch wäre es wert! 🙂

Wisst ihr aber, was mich am meisten an der ganzen HU-Sache nervt?

Mit dem Plan, SPeds zur Zulassung zu schicken, wird vermutlich der letzte, dicke Sargnagel in die Verbreitung der schnellen Pedelecs getrieben: Wenn ein unentschlossener Kaufinteressent nämlich nach den drei Klassikern „Du kannst keine Radwege fahren“, „Es gilt eine Helmpflicht“ und „da musst du jedes Jahr ein Kennzeichen kaufen“ bereits bibbernd in der Ecke sitzt, gibt ihm „…und außerdem muss man alle zwei Jahre zur HU“ ganz sicher den Rest.

Der verlässt entweder schreiend den Laden oder er kauft sich ein 25er-Pedelec.

Um es dann zu tunen.

Hoffen wir, dass es nicht so weit kommt.

Was ist eure Meinung? Sähet ihr tatsächlich einen Sicherheitsgewinn in einer regelmäßigen HU für schnelle Pedelecs? Oder ist für euch der momentane Status sinnvoller? Schreibt es in die Kommentare.

Veröffentlicht von speeder's corner

Betreiber von speederscorner.com - Blog für S-Pedelec-Kultur in Deutschland. Hier schreibe ich über die allgemeine Situation aber auch meine persönlichen Erlebnisse mit dem schnellen Pedelec im ganzjährigen Pendeleinsatz.

8 Kommentare zu „Kommt ein S-Pedelec zum TÜV…

  1. Ich sehe keinen Sinn in so einer Schikane. Die hats ja auch die letzten Jahrzehnte für „normale“ mopeds und Roller nicht gebraucht. Ich würde vermutlich mein S-Pedelec abgeben und wieder ein zweites Auto kaufen wenn das so kommt. Ab und zu dann mit dem normalen Fahrrad ins Büro fahren.

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      1. ich stimme voll zu!
        Aber über die „Schikane“ würd ich mich schon ärgern, u.a. da ich auch Selbstschrauberin bin. Ich meine, wahrscheinlich kümmern sich die meisten Fahrer schon aus Eigeninteresse , dass ihr Fahrzeug sicherheitstechnisch in Ordnung ist, im Gegensatz zu PKWs riskiert man eher eigenes „Leib und Leben“, eine HU find ich überzogen. Und was soll das: wir werden gezwungen auf Bundesstraßen unser Leben zu riskieren, und mit einer HU soll die Sicherheit unseres Fahrzeugs festgestellt werden? – widersinnig!

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  2. Ich habe 4 s-Ped, einfach auch, weil ich gerne unterschiedliches imdirekten Vergleich ausprobiere und auch als Ersatz für die Zukunft, weil die alte L1e-A Klasse ja ausgestorben ist.
    Mit einer HU würde ich maximal noch 1 davon versichern. Der Aufwand einer HU stünde für mich dann in absolut keinem Verhältnis zum Nutzen.
    Ich befürchte der Rest wäre dann quasi entwertet und weitehend uverkäuflich. ich würde die dann zum Fahrrad oder 25er zurück bauen oder halt nur noch als Ersatzteillager behalten.

    Schon erstaunlich mit welcher Vehemenz man die sPed unbedingt ausrotten möchte. Die Dinger tun doch keinem weh? Im Gegensatz zum Roller stehen meine sPed bei mir daheim im Fahrradkeller und ansonsten dort, wo Fahrräder auch stehen.

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    1. 4 SPeds! Sapperlott! Ich werde dich als Präzedenzfall bei der nächsten Haushaltskassenplanung verwenden 🙂
      Ich glaube allerdings nicht, dass eine <50ccm-HU-Pflicht speziell auf S-Pedelecs abzielt. Eher sind wir mal wieder der Beifang, an den bei solchen Beschlüssen keiner denkt, die aber am meisten Scherereien haben würden.

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  3. Es war und ist ja schon SEHR schwierig die Zulassung für ein selbst konfiguriertes S-Cargo Rad zu erhalten – deutlich aufwändiger wie eine Zulassung eines Oldtimers ohne KFZ Papiere – bis die CoC Papiere meines Cargo Radls vorhanden waren – viele Stunden Testlauf, Begutachtung – und ein saftige vierstellige Eurorechnung – und jetzt dann eine an sich unsinnige HU Prüfpflicht?
    Schätze dann werden meine S-Cargo Radl offiziell nur noch an meinem Ferienwohnungssitz angemeldet bleiben – und das ist deutlich einfacher in der Schweiz.

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